Wie kam es zum Strafbefehl?
Am vergangenen Freitag (16.05.2025) vertrat die Kanzlei Mandic den AfD-Funktionär Reimond Hoffmann in einem Strafverfahren vor dem AG Schwetzingen wegen des Vorwurfs der Verleumdung. Hintergrund waren satirische Beiträge auf „X“ über den linken Soziologen Andreas Kemper, der für seine langjährige Feindschaft zur AfD bekannt ist. Wegen eines dieser Beiträge wurde zunächst ein Strafbefehl gegen den Politiker erlassen. Gegen diesen wurde Einspruch eingelegt, woraufhin es zu einer mündlichen Verhandlung kam.
Beispiel für einen der Satirebeiträge. Dieser war Gegenstand der Strafakte, jedoch nicht Teil der Anklage.
Dabei handelt es sich um das bekannte Meme „Ich suche meinen Vater“, das über zahlreiche Personen des öffentlichen Lebens besteht und in dem die Personen in der Regel als verwirrte, ältere Personen dargestellt werden, deren Aussagen entsprechend nicht ernst zu nehmen sind. In der Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung wurden seitens der Kanzlei umfangreich Beispiele der verschiedenen Nutzung dieses Memes mitgebracht und auch ein – nicht notwendig gewordener – Beweisantrag zum satirischen Charakter dieser vorbereitet.
Beispiel eines linksradikalen „Ich suche meinen Vater“ Meme über den FDP Politiker Kubicki.
Zu den Aktivitäten des vermeintlich Geschädigten Kemper wurden ebenfalls umfangreiche Tatsachen gesammelt, die dessen Stellung als Person der Öffentlichkeit untermauerten. Ebenso wurden öffentliche Stellungnahmen des vermeintlich Geschädigten Kemper, insbesondere Beiträge auf „X“, herausgesucht, in denen er selbst verbal gegen politische Gegner austeilte und sich dabei auch verbal nicht zurückhielt.
Beispiel für Kempers Beiträge in sozialen Netzwerken. In der mündlichen Hauptverhandlung erklärte er, bei diesem Beitrag handele es sich um Satire.
Alle drei Aspekte waren für die Frage der Strafbarkeit entscheidende Punkte, weswegen die Verteidigung diesen Aspekten besondere Aufmerksamkeit widmete.
Das Weltbild des Andreas Kempers
In der anschließenden Zeugenvernehmung des vermeintlich Geschädigten Kemper gelang es daraufhin, diesen zu sehr interessanten Aussagen zu bewegen. So sei etwa das oben gezeigte „Ich suche meinen Vater“ Meme über den FDP-Politiker Kubicki Satire, das über ihn jedoch nicht, weil er nicht so reich sei wie der Herr Kubicki. Neben der redundanten Betonung der Bedeutung seiner „Recherchen“ zur AfD war sein wesentlicher Vortrag, dass er Arbeiterkind sei und teilweise nur 9000€ brutto im Jahr als Soziologe verdient habe, weswegen ein solcher Beitrag seiner interessanten Auffassung nach keine Satire sein könne.
Seine eigenen Beiträge über politische Gegner oder deren Familienangehörige, wie der oben gezeigte, die ihm in der mündlichen Verhandlung vorgehalten wurden, seien dann wiederum Satire, obwohl diese teils deutlich diffamierenden Charakter hatten und unter die Gürtellinie gingen. Offensichtlich ist Kempers Satireverständnis davon abhängig, wie viel Geld und welche politische Einstellung man hat. Die Befragung des vermeintlich Geschädigten Kemper durch die Verteidigung ging fast eine Stunde und konnte dabei wesentliche Punkte und auch Widersprüche der Anschauungen und Angaben des vermeintlich Geschädigten hervorbringen.
Als Hintergrund der vermeintlichen „Kampagne“ gegen sich mutmaßte Kemper den Umstand, dass seine „Recherchen“ zur AfD dieser sehr schaden würde. Einen Zusammenhang damit, dass kurz zuvor der AfD-Bundesparteitag in Essen verhindert werden sollte und Kemper als Soziologe ein „Gutachten“ zur Begründung dessen schrieb, das vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen als ohne „empirischen Gehalt“ und unwissenschaftlich bewertet wurde, wollte er nicht erkennen.
Ergebnis: Freispruch!
Am Ende stand der rechtmäßige Freispruch, da das gegenständliche Meme über den vermeintlich Geschädigten Kemper von der Meinungsfreiheit in der politischen Auseinandersetzung gedeckt ist. Dabei wurde zwar hinsichtlich einer möglichen Strafbarkeit der Umstand gewertet, dass im Gegensatz zum Beispiel des Herrn Kubicki bei dem vermeintlich Geschädigten Kemper die Inhalte der Aussage des Herrn Hoffmann für wahr gehalten werden könnten, schlussendlich überwog aber deutlich das Grundrecht auf Meinungsfreiheit aufgrund der Aspekte, dass der vermeintlich Geschädigte Kemper als Person der Öffentlichkeit, die selbst verbal austeilt, sich einen als Satire erkennbaren Post gefallen lassen muss. Der Freispruch konnte dabei durch eine umfangreiche Vorbereitung des Prozesses durch die Kanzlei Mandic und ihre langjährige Expertise in diesen Verfahren erreicht werden.