Immer wieder kommt es dazu, dass insbesondere Frauen nach der Beendigung einer Beziehung den ehemaligen Partner wegen Stalking beschuldigen, um unliebsame Abschlussgespräche zu vermeiden. Dies kann schnell dazu führen, dass ein Strafverfahren eingeleitet wird.
Wenn es um das Thema Stalking geht, haben die meisten Menschen das Bild von geradezu wahnhafter Nachstellung vor Augen. Doch auch bereits harmlosere Handlungen wie Anrufversuche, E-Mails oder WhatsApp Nachrichten können vom Tatbestand der Nachstellung, wie Stalking juristisch bezeichnet wird, nach § 238 StGB erfasst sein.
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Inhaltsverzeichnis
- Was ist Stalking?
- Wann wird der Tatbestand nach dem StGB erfüllt?
- Welche Strafe droht bei Stalking?
- Wie verhalte ich mich, wenn ich eine Anzeige erhalten habe?
Was ist Stalking?
Der Tatbestand des Stalkings wird nicht durch eine einzige Handlung erfüllt, sondern setzt sich aus einer Mehrzahl von Handlungen über eine gewisse Dauer zusammen, sodass sich ein Gesamtverhalten ergibt. Entscheidend ist, dass diese Verhaltensweisen des Täters wiederholt als einseitige Aktionen gegen den Willen der betroffenen Person stattfinden. Auf eine gewisse Mindestzahl von Verhaltensweisen kommt es dabei nicht an.
Zudem müssen diese Aktionen des Täters dazu geeignet sein, die Lebensgestaltung des Opfers nicht unerheblich zu beeinträchtigen. Dadurch soll eine Strafbarkeit durch Bagatellen ausgeschlossen werden. Ob eine Eignung zur erheblichen Beeinträchtigung der Lebensgestaltung vorliegt, bemisst sich an einem objektiven Maßstab.
Die Gerichte stellen hierbei auf die Gesamtheit der drohenden Beeinträchtigungen. Ob die Bagatellgrenze überschritten ist, hängt davon ab, was das Opfer noch unter besonnener Selbstbehauptung hinzunehmen hat. Alltägliche Streitigkeiten oder Konflikte anlässlich einer scheiternden Beziehung führen daher in der Regel noch nicht zu einer Strafbarkeit wegen Nachstellung.
Wann wird der Tatbestand gemäß § 238 StGB erfüllt?
Das Gesetz sieht einen Katalog von acht Aktionen vor, welche die Strafbarkeit begründen können.
Das Aufsuchen der räumlichen Nähe
Für das Aufsuchen der räumlichen Nähe genügt es, wenn sich der Täter in unmittelbarer Nähe der Wohnung aufstellt, dem Opfer dort auflauert oder gar in die Wohnung eindringt.
Die Kontaktaufnahme durch Kommunikationsmittel oder Dritte Personen
Für die Kontaktaufnahme genügt es, dass einseitig sprachlich-gedankliche oder schriftliche Informationen an das Opfer gesendet werden. Hierbei ist unerheblich, ob dies über das Handy, die Post oder eine Dritte Personen als Boten geschieht. Diese Boten müssen nicht bösgläubig sein. Es genügt, wenn diese im guten Glauben eine Nachricht an das Opfer überbringen.
Die Aufgabe von Bestellungen oder Herbeiführung ungewollter Kontaktaufnahmen durch Dritte
Notwendig ist hierbei, dass personenbezogene Daten des Opfers missbräuchlich verwendet werden, um Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen auszulösen oder die Kontaktaufnahme von Dritten herbeizuführen. Die personenbezogenen Daten müssen nicht besonders geschützt sein. Darunter fallen neben Namen und Adresse auch sämtliche Kontaktdaten wie Telefon, E-Mail-Adresse oder ähnliches.
Beispiele hierzu sind das Bestellen von Pizza oder das Schalten einer Kontaktanzeige mit den Kommunikationsdaten des Opfers. Eine Namensnennung ist im letzten Beispiel nicht nötig, weil auch die Kontaktdaten personenbezogene Daten sind.
Durch Drohung
Drohung mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit des Opfers selbst, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person.
Eine Bedrohung liegt vor, wenn der Täter dem Opfer ein zukünftig eintretendes Übel in Aussicht stellt, auf das er vorgibt, Einfluss zu haben. Ob der Täter tatsächlich Einfluss auf die Herbeiführung des Übels hat, ist unerheblich.
Erfasst werden nicht nur Drohungen gegen das Opfer selbst, sondern auch gegen diese nahestehende Personen.
Ausspähen oder Abfangen von Daten
Das Ausspähen oder Abfangen von Daten oder eine Vorbereitungshandlung hierzu zulasten des Opfers, eines Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person.
Gerade der technische Fortschritt eröffnet zu dieser Tatvariante einen breiten Raum. Erfasst sind neben sogenannten Stalking-Apps, welche die Bewegungsdaten des Betroffenen anzeigen, auch das unbefugte Abfangen oder Ausspähen von E-Mails oder Nachrichten in Apps oder in den sozialen Netzwerken.
Erfasst sind aber auch bereits harmlosere Handlungen, wie das Erraten eines Passwortes zu einem Social-Media Profil oder anderer Konten.
Neben der Strafbarkeit wegen Nachstellung kann in diesen Fällen regelmäßig auch eine Strafbarkeit wegen des Ausspähens von Daten nach den §§ 202a, 202b und 202c StGB vorliegen.
Wer gezielt ein Stalkingprogramm nutzt, das gerade auf das Ausspähen von Daten angelegt ist, kann ein besonders schwerer Fall vorliegen, der mit einer härteren Strafe bedroht ist.
Verbreiten oder Veröffentlichen einer Abbildung
Das Verbreiten oder Veröffentlichen einer Abbildung des Opfers, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person.
Erfasst von der Strafbarkeit dieser Variante sind sämtliche Bilder des Opfers oder ihr nahestehenden Personen. Unerheblich ist, ob diese intim sind oder nicht. Eine Strafbarkeit liegt also nicht erst dann vor, wenn nach dem Ende einer Beziehung ein sogenannter „revenge porn“ (Racheporno) veröffentlicht wird. Auch harmlose Bilder, auf denen noch nicht einmal das Opfer selbst, sondern eine ihre nahestehende Person abgebildet ist, können den Straftatbestand der Nachstellung erfüllen.
Verbreiten oder Veröffentlichen eines Inhalts
Das Verbreiten oder Veröffentlichen eines Inhalts unter Vortäuschung der Urheberschaft des Opfers, der geeignet ist, das Opfer verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.
Auch das Ausbringen von Veröffentlichungen, die vermeintlich von dem Opfer stammen und dessen öffentliches Ansehen gefährden, fällt unter den Stalkingparagrafen. Das kann neben dem Erstellen eines falschen Profils in einem sozialen Netzwerk auch das Versenden von Leserbriefen oder Verteilen von Flugblättern mit inkriminierenden Aussagen unter dem Namen des Opfers sein.
Diese Tatvariante kann auch in Verbindung mit dem Ausspähen von Daten verwirklicht werden und stellt dann eine besonders schwere Form der Tatbegehung dar. In einem solchen Fall droht dann eine höhere Strafe.
Das Vornehmen einer vergleichbaren Handlung
Letztlich sollen von der letzten Variante sämtliche Fallgestaltungen erfasst werden, die in dem Katalog bisher nicht aufgezählt wurden, diesen aber in Art und Auswirkung ähnlich sind. Ein solcher Auffangtatbestand ist nicht ungewöhnlich, zumal der Gesetzgeber in Anbetracht des technischen Fortschritts kaum voraussehen kann, welche Möglichkeiten zum Stalking zukünftig noch entstehen.
Beispiele hierfür sind
- das Erstatten von Strafanzeigen unter dem Namen des Opfers,
- das Drohen mit der Veröffentlichung einer Abbildung des Opfers,
- das Hinterlassen oder permanente Zusenden von Blumen, Grußkarten oder Geschenken an der Wohnung des Opfers,
- die Beschädigung von Sachen des Opfers oder
- das Ausspionieren von Gewohnheiten und üblichen Aufenthaltsorten sowie sozialer Kontakte.
Welche Strafe droht bei Stalking?
Die drohende Strafe hängt von der Art der Tatbegehung und deren Intensität ab. Grundsätzlich droht ein Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
Sofern jedoch ein besonders schwerer Fall nach § 238 Abs. 2 StGB vorliegt, erhöht sich dieser Strafrahmen auf eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Eine Geldstrafe ist dann grundsätzlich nicht mehr vorgesehen.
Wie verhalte ich mich, wenn ich eine Anzeige wegen Stalkings erhalten habe?
Wenn Sie eine Anzeige wegen Stalking erhalten haben, gilt es zunächst Ruhe zu bewahren und von dem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Dies gilt erst recht, wenn Sie von Polizeibeamten aufgesucht werden. Machen Sie keine Angaben zur Sache und lassen Sie sich auch nicht in vermeintlich harmlosen Smalltalk verwickeln.
Im nächsten Schritt sollten Sie umgehend einen erfahrenen Anwalt kontaktieren. Nach erfolgter Akteneinsicht können Sie mit ihm die bestmögliche Verteidigungsstrategie erarbeiten.
Über den Autor
RA Dubravko Mandic
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Dubravko Mandic aus Freiburg berät und vertritt bundesweit Mandanten. Seine Kernkompetenz ist dabei das Strafrecht. Durchsetzungsstark setzt er sich für die Interessen und Rechte seiner Mandanten ein und erreicht dabei oftmals einen Freispruch oder die Einstellung des Strafverfahrens. Nutzen Sie unsere Expertise und nehmen Sie Kontakt zur Kanzlei Mandic auf!