Wenn es früh morgens um 6 Uhr Sturm klingelt, sind das meistens keine guten Nachrichten. Sofern die Polizei vor der Tür steht, wird es sich regelmäßig um eine Hausdurchsuchung handeln. Diese kann verschiedene Hintergründe haben. Bereits ein falsches Wort in einem Sozialen Netzwerk oder das regelmäßige Treffen mit „falschen“ Freunden kann ausreichen. In jedem Fall handelt es sich für die Betroffenen um eine Extremsituation, welche ein mulmiges Gefühl auslöst und mit vielen Unsicherheiten behaftet ist.
Hier klären wir die wichtigsten Fragen zum Thema Hausdurchsuchungen und geben Tipps, wie Sie sich richtig verhalten sollten.
Welchen Hintergrund kann eine Hausdurchsuchung haben?
Eine Hausdurchsuchung kann verschiedene Hintergründe haben. Der Umstand, dass bei Betroffenen eine Hausdurchsuchung stattfindet, heißt nicht zwingend, dass gegen diese auch ein Strafverfahren läuft. Hausdurchsuchungen dienen den Justizbehörden dazu, neue Erkenntnisse zu sammeln und tatsächliche oder vermeintliche Sachverhalte genauer auszuleuchten. Hausdurchsuchungen finden daher vor allem aus folgenden Gründen statt:
- Bei dem Beschuldigten einer Straftat, um Beweise zu finden und weitere Straftaten zu unterbinden.
- Bei Zeugen einer Straftat, um Beweise zu finden.
- Zur Vorbereitung eines Vereinsverbotes bei vermeintlichen Mitgliedern, um den Verein genauer auszuleuchten.
- Zur Durchsetzung eines Vereinsverbotes, um Vereinseigentum einzuziehen und die Strukturen weiter zu durchleuchten.
Die Wichtigsten Verhaltensregeln bei einer Hausdurchsuchung
- Bewahren Sie Ruhe und öffnen Sie die Tür.
- Lassen Sie sich den Durchsuchungsbeschluss zeigen und lesen diesen durch.
- Treten Sie gegenüber den eingesetzten Beamten freundlich, aber bestimmt auf.
- Machen Sie ausdrücklich von ihrem Aussageverweigerungsrecht gebraucht und unterlassen Sie jede weitere Unterhaltung mit den Justizbeamten. Gehen Sie insbesondere nicht auf beiläufige Gespräche ein. Sprechen Sie mit den Beamten nur das zwingend nötige, wie ihre Personalien.
- Verlangen Sie einen Unabhängigen Zeugen, wie etwa einen Familienangehörigen oder Nachbarn.
- Widersprechen Sie ausdrücklich der Maßnahme und lassen dies protokollieren.
- Kontaktieren Sie einen Anwalt.
- Machen Sie sich mit Zettel und Stift Notizen.
- Beobachten Sie die Durchsuchung und lassen Verstöße protokollieren. Behindern Sie die Beamten keinesfalls und leisten Sie keine Hilfe.
- Unterschreiben Sie NICHTS! Auch nicht das Sicherstellungs- und Beschlagnahmeprotokoll oder andere Unterlagen. Sie sind dazu nicht verpflichtet. Dies gilt auch dann, wenn Sie von einem Polizeibeamten nachdrücklich zur Unterschrift aufgefordert werden.
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine Hausdurchsuchung vorliegen?
Grundsätzlich muss eine Hausdurchsuchung von einem Richter angeordnet werden. Nur wenn das ausnahmsweise nicht möglich ist, weil Gefahr im Verzug vorliegt, darf eine Hausdurchsuchung auch ohne richterlichen Beschluss erfolgen. Zudem ist eine Hausdurchsuchung immer zulässig, wenn der Betroffene einwilligt. Sofern also Polizeibeamte an Ihrer Türe klingeln und fragen, ob sie sich in Ihrer Wohnung umsehen dürfen und Sie oder ein Mitbewohner diese einlässt, ist die Hausdurchsuchung auch ohne richterlichen Beschluss zulässig.
Sie sollten daher Polizeibeamte niemals ohne richterlichen Beschluss in Ihre Wohnung lassen.
Für den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses müssen Tatsachen vorliegen, die den Verdacht einer Straftat begründen und die erwarten lassen, dass bei der Hausdurchsuchung weitere Beweismittel gefunden werden.
Hierzu genügen insbesondere Aussagen von Zeugen, Mitbeschuldigten, Erkenntnisse aus einer Telekommunikationsüberwachung (TKÜ-Maßnahme), Erkenntnisse aus anderen Strafverfahren oder Erkenntnisse aus sozialen Netzwerken, etwa ins Internet gestellte Videos. Darüber hinaus muss der Durchsuchungsbeschluss auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerecht werden. Das heißt, die Hausdurchsuchung darf für den Betroffenen in Anbetracht der Verdachtsmomente gegen diesen keine übermäßige Härte darstellen.
Welche Angaben muss der Durchsuchungsbeschluss enthalten?
Der Durchsuchungsbeschluss muss nicht zwingend schriftlich vorliegen. Gerade in eiligen Fällen kann ein Durchsuchungsbeschluss auch mündlich ergehen. Im Regelfall wird jedoch ein schriftlicher Durchsuchungsbeschluss vorliegen.
Dieser muss erkennen lassen;
- welches Gericht und welcher Richter den Beschluss gefasst hat,
- wegen welcher Straftat ermittelt wird und wodurch sich ein hinreichender Verdacht ergibt,
- welche Räume durchsucht werden sollen,
- welche Gegenstände konkret gesucht werden,
- Das Datum, wann der Beschluss ausgestellt wurde.
- Durchsuchungsbeschlüsse dürfen nach ihrer Ausstellung nicht beliebig lange vollzogen werden. Es gilt für den Vollzug eine Frist von sechs Monaten ab der Ausstellung durch den Richter.
Wie kann ich mich gegen einen Durchsuchungsbeschluss wehren?
Gegen einen Durchsuchungsbeschluss kann man regelmäßig erst im Nachhinein vorgehen. Wer Polizeibeamte bei einer Durchsuchung behindert, der riskiert ein Strafverfahren wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte oder unter Umständen sogar wegen tätlichen Angriff. Sie sollten jedoch auf jeden Fall der Durchsuchung widersprechen und dies auch von den Beamten ins Protokoll eintragen lassen.
Im Anschluss der Durchsuchung besteht dann die Möglichkeit, gerichtlich gegen den Durchsuchungsbeschluss und/oder die Art und Weise der Durchführung der Durchsuchung und der vorgenommenen Sicherstellungen vorzugehen. Dies führt im weiteren Verlauf zu keinen Nachteilen für Sie. Ganz im Gegenteil kann ein solches erfolgreiches Vorgehen ihre Position stärken. So kann eine rechtswidrige Durchsuchung unter bestimmten Umständen zu einem Beweisverwertungsverbot führen.
Ob ein gerichtliches Vorgehen gegen die Durchsuchungsmaßnahmen sinnvoll ist, hängt jeweils vom konkreten Einzelfall ab. Dies sollte von einem erfahrenen Anwalt genau geprüft werden.
Darf die Polizei zu jederzeit eine Hausdurchsuchung vornehmen?
Grundsätzlich nicht, es sei denn, es liegt Gefahr im Verzug vor oder der Betroffene wird auf frischer Tat ertappt. Sofern dies nicht der Fall ist, dürfen Hausdurchsuchungen nur außerhalb von bestimmten Nacht- und Ruhezeiten durchgeführt werden.
Diese sind im Winter von den Monaten Oktober bis März von 06.00 – 21.00 Uhr und im Sommer in den Monaten April bis September von 04.00 – 21.00 Uhr. Eine Vorschrift, die Hausdurchsuchungen auf bestimmte Wochentage beschränkt, besteht nicht. Eine Durchführung an Sonn- und Feiertagen ist jedoch eher die Ausnahme.
Zudem ist es möglich, dass nach einer bereits stattgefundenen Hausdurchsuchung eine weitere erfolgt, bei der nach übersehenen oder neuen Beweismitteln gesucht wird.
Sofern der Durchsuchungsbeschluss älter als 6 Monate ist, sollten Sie den sofortigen Abbruch verlangen, da dieser Beschluss nicht mehr gültig ist. Sofern sich die Beamten über diesen Umstand hinwegsetzen, kann dieser Umstand nur im Nachgang bei Gericht gerügt werden, um die Rechtswidrigkeit der Maßnahme feststellen zu lassen.
Muss die Polizei vor der Hausdurchsuchung klingeln?
Vorgeschrieben ist dies nicht. Jedoch wird dies unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in den allermeisten Fällen der Fall sein, denn mit einem gewaltsamen Eindringen gehen regelmäßig auch Schäden an der Wohnung einher.
Nur in Ausnahmefällen darf die Polizei sofort gewaltsam in die Wohnung eindringen. Dies ist meist der Fall, wenn der Verdacht der organisierten Kriminalität besteht, der Betreffende Waffenbesitzer ist oder als besonders gewalttätig gilt. In diesem Fällen kann die Tür durch einen Rammbock aufgebrochen oder mit Sprengstoff aufgesprengt werden.
Sollten Sie auf das Klingeln der Beamten nicht reagieren, dürfen diese ebenfalls die Türe gewaltsam selbst oder durch einen Schlüsseldienst öffnen. Dies gilt auch, wenn Sie nicht anwesend sind.
Habe ich einen Anspruch darauf, selbst bei der Durchsuchung dabei zu sein?
Grundsätzlich haben Betroffene einen Anspruch darauf, bei der Hausdurchsuchung dabei zu sein. Dies gilt jedoch nicht generell. Sofern der Betroffene nicht vor Ort ist, genügt es, wenn die Ermittlungsbehörden einen Zeugen hinzuziehen. Der Betroffene soll jedoch über die Maßnahme informiert werden.
Auch bei schwerwiegenden Vorwürfen, einer bereits vollzogenen Ingewahrsamnahme oder bei einer Gefahr für die eingesetzten Beamten kann der Anspruch auf persönliche Anwesenheit zurücktreten.
Ist dies nicht der Fall, sollten Sie auf ihr Anwesenheitsrecht bestehen. Das gilt auch für den Ablauf der Durchsuchung. Auch wenn die Polizei einen Zeugen mitbringt, ändert dies nichts an ihrem Anwesenheitsrecht. Sie dürfen daher verlangen, dass ein Raum nach dem anderen durchsucht wird und nicht mehrere Räume gleichzeitig, um alles genau beobachten zu können. Hierauf sollten Sie auch vehement bestehen.
Dürfen Kinderzimmer oder Zimmer von Mitbewohnern durchsucht werden?
Entscheidend ist immer, welche Räume im Durchsuchungsbeschluss angegeben sind. Die angegebenen Räume dürfen in der Regel auch durchsucht werden. Zudem dürfen sämtliche Räume durchsucht werden, zu denen der Betroffene regelmäßig Zutritt hat und die er regelmäßig nutzt.
Entscheidend ist immer, ob der zu durchsuchende Raum einen Bezug zum Durchsuchungsgrund aufweist. Besteht also der begründete Verdacht, dass Beweismittel im Kinderzimmer versteckt werden, kann auch dort danach gesucht werden. Hat der Betroffene jedoch regelmäßig keinen Zutritt zum Kinderzimmer, darf dies eher nicht durchsucht werden.
Insbesondere im Falle einer Wohngemeinschaft (WG) ist die Durchsuchung auf die Räume des Betroffenen und die von ihm genutzten Gemeinschaftsräume beschränkt. In der Praxis setzen sich die Durchsuchungsbeamten jedoch häufig über diese Begrenzung hinweg. Auch in diesem Fall gilt, dass eine aktive Behinderung der Beamten nicht sinnvoll ist. Diese sollten jedoch auf ihr Fehlverhalten angesprochen werden. In einigen Fällen zeigen sich die Beamten einsichtig und verzichten auf eine Fortführung.
Zudem sollte verlangt werden, dass die Durchsuchung der Räume des nicht betroffenen Mitbewohners protokolliert werden.
Wie sollte mit Zufallsfunden umgegangen werden?
Es kommt immer wieder vor, dass die Polizei im Rahmen einer Hausdurchsuchung verbotene Gegenstände feststellt, die bisher kein Gegenstand des Strafverfahrens waren. Diese Gegenstände nennt man Zufallsfunde. Üblicherweise sind es verbotene Waffen wie Butterflymesser, Schlagringe oder Munition sowie Drogen in verschiedensten Ausführungen. Diese Zufallsfunde dürfen regelmäßig beschlagnahmt werden. Zudem wird hierzu ein weiteres Strafverfahren eröffnet.
Es ist jedoch nicht zulässig, dass die Beamten gezielt nach Zufallsfunden suchen. Wird beispielsweise aufgrund des Durchsuchungsbeschlusses nach einem bestimmten Paar Schuhen und einer Jacke gesucht, dürfen die Beamten nicht in kleine Kästchen oder Schubladen hineinsehen, bei denen offenkundig ist, dass diese Gegenstände gar nicht hineinpassen.
Wenn Sie merken, dass die Beamten gezielt nach Zufallsfunden suchen, sollten Sie dies sofort beanstanden und auf einen Vermerk im Protokoll bestehen. Wenn die Beamten dem nicht nachkommen, bleibt nur die nachträgliche Überprüfung bei Gericht. Keinesfalls dürfen Sie in einer solchen Situation die Beamten behindern.
In einigen Situationen kann es sinnvoll sein, die Gesuchten Gegenstände direkt an der Tür bei der Eröffnung des Durchsuchungsbeschlusses herauszugeben. Dies ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn der Durchsuchungsbeschluss auf solche konkreten Gegenstände beschränkt ist. Dann kann mit der Herausgabe dieser Gegenstände in der Regel verhindert werden, dass die Beamten die Wohnung betreten und Zufallsfunde tätigen.
Ist der Durchsuchungsbeschluss jedoch offen formuliert, z. b. mit der Formulierung „gesucht wird nach Speichermedien aller Art“ macht eine Herausgabe häufig nur wenig Sinn. Denn die Beamten werden behaupten, sie müssten überprüfen, ob tatsächlich alle Speichermedien herausgegeben wurden.
Über den Autor
RA Dubravko Mandic
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Dubravko Mandic aus Freiburg berät und vertritt bundesweit Mandanten. Seine Kernkompetenz ist dabei das Strafrecht. Durchsetzungsstark setzt er sich für die Interessen und Rechte seiner Mandanten ein und erreicht dabei oftmals einen Freispruch oder die Einstellung des Strafverfahrens. Nutzen Sie unsere Expertise und nehmen Sie Kontakt zur Kanzlei Mandic auf!